Märchenhafte Runde

Märchenhafte Runde um Kassel

HeLi

Mitten in einer märchenhaften Stunde sind wir in das Leben der Knallhütte eingetaucht. Hören das Schnauben der Pferde und das Peitschenknallen der Fuhrleute. Alle werden sofort von der Märchenfrau Dorothera Viehmann in den Bann gezogen. Jeden Samstag gibt es vor Jung und Alt die Märchenstunde. Hier beginnt die Geburtsstunde der Grimm´schen Märchen. Kurz vor ihrem Tod erzählte die Viehmännin den Gebrüdern Grimm die Geschichten, welche ihr von den Fuhrleuten mündlich überliefert wurden. Als Volkskundler und Sprachforscher brachten die Brüder Grimm die Sagen und Märchen zu Papier und verewigten sie damit. Davon angetrieben rollen die Motorräder in ständig wechselnden Schräglagen durch den Söhrewald, um in das historische Fachwerkdorf Helsa einzutauchen. Dies liegt malerisch im Tal zwischen dem Kaufunger- und Söhrewald östlich von Kassel. Eine kleine unscheinbare Figur am Brunnen lässt die Bremsen heiß laufen. Rumpelstilzchen heißt uns willkommen. Unweit vom Brunnen dreht sich unermüdlich das historische Mühlrad. Es wird zur Stromerzeugung genutzt und ein kleines Museum lädt zum erkunden ein. Wir verlassen die schöne Fachwerkgemeinde über den 640m hohen Pfaffenberg und fliegen mit tiefer Schräglage in Großalmerode ein. Nun suchen wir die Evangelische Kirche, deren bauliche Anfänge im 16. Jahrhundert liegen, auf. Die Kirche selbst soll jedoch nicht das Objekt der Begierde sein. Aber ein kleiner unscheinbarer Gedenkstein steht an deren Seite. Hier wurde Wilhelm Grimm am 13.04.1800 konfirmiert. Ein kleiner Blick auf die Inschrift soll unsere Segnung für diese märchenhafte Tour sein.

Grimm Gedenkstein

Umgehend werden die Seitenständer eingeklappt und man erreicht über kleine verwinkelte Wege das Tor zum Frau Holle Land. Hessisch Lichtenau lädt mit einem großen Wegweiser der Kissen schüttelnden Frau und einer Hängematte ein. Unbekümmert stürzt sich Tina hinein und verfällt den Träumen der Märchen. Der im Leerlauf brabbelnde Einzylinder der KTM Duke bringt sie aber wieder in Fahrt. Das Ziel ist der Hohe Meißner mit seinem Frau Holle Teich. Er liegt bei unserer Ankunft, vom Nebel umhüllt, sehr idyllisch da. Aus der Sage um diesen Teich entstand ursprünglich das Märchen von Frau Holle. Am Rand des blaugrünen Sees steht eine drei Meter hohe Holzskulptur der tatkräftigen Frau. An diesem Ort soll sich auch der Eingang in das unterirdische Reich der Frau Holle befinden. Nach ergebnisloser Suche wollen wir nicht auf den Segen der ausgeschüttelten Betten warten und drücken den Starterknopf.

Frau Holle Teich . Goldmarie

In ständig wechselnder Kurvenlage fliegt das Flecken Schwalbental vorbei und mit märchenhaften Schwüngen verlassen wir den Hohen Meissner. In Vockerode angekommen, sticht sofort die Goldmarie ins Auge. In Bronze gegossen wurde sie am Brunnen verewigt. Wir treiben die Motorräder weiter durch die Kurstadt Bad Sooden-Allendorf mit seinem bekannten Gradierwerk. Erwähnenswert sei der alte Zimmersbrunnen mit dem Lindenbaum. Er steht vor den Toren der Altstadt und ist Ursprung des Volksliedes „Am Brunnen vor dem Tore“. Wir möchten jedoch nicht alte Lieder singen und lassen auch das Schloß Rothestein liegen. Über gut ausgebaute Straßen wird die Kirschen- und Universitätsstadt Witzenhausen erreicht. Die Gastfreundschaft der Witzenhäuser wussten auch die Gebrüder Grimm im Jahre 1837 zu schätzen und kehrten im heutigen Gasthaus „Zur Krone“ ein. Alte Fachwerkhäuser säumen die Innenstadt und zeugen von hoher mittelalterlichen Baukunst. Am Ende der Altstadt öffnet sich der Blick auf die Werra. Hier entdecken wir auch das rote Steinobst als übergroßes Symbol der Stadt verewigt. In der Kirschenstadt ist die Frucht zu allen Jahreszeiten sehr beliebt. Mit frischem Steinobst im Gepäck betätigen wir wenig später den Anlasser.
Die Räder kurven ins Eichsfeld, um Max und Moritz ein Besuch abzustatten. In Ebergötzen werden wir in der Wilhelm-Busch-Mühle fündig. Das Mühlenmuseum zeigt ein funktionsfähiges uraltes Mahlsystem. Das Rumpeln des Mühlrades lässt das alte Haus vibrieren und aufleben. Auch wird das Leben und Wirken von Wilhelm Busch dargestellt. So tauchen die beiden Strolche vor dem märchenhaften Auge wieder auf. Wir können uns nicht erwehren. Wilhelm Busch hat sich mit seinen Erzählungen wohl selbst porträtiert und seine Erlebnisse zum Besten gegeben.

W. Busch Mühle 01 . W. Busch Mühle 02

Dem Gaumen wird im nahen Brotmuseum geschmeichelt, hier erfährt man viel Wissenswertes über Getreidesorten, Backöfen und Mühlen. Ein alter Brotwagen erweckt mein Interesse. Im Motorraum befinden sich elektrische Schaltwalzen – kein Motor! Wir haben den einzigen funktionsfähigen Elekro-Wagen dieser Art vor uns. Er stammt aus dem Jahre 1939, war bis 1970 im Einsatz und weist eine Laufleistung von 263000 Kilometern auf. Wir robben uns durch den gesamten LKW und entdecken irgendwann den Ort der Energiegewinnung. Die beiden Akkus befinden sich jeweils rechts und links unter den Brotregalen. Ein Energielieferant wiegt 1,2 Tonnen! Der Elektromotor ist direkt an das Hinterachsdifferential angeflanscht.

Brotmuseum . Brotmuseum-Stromwerk

Da nun Leib und Seele gestärkt sind, stürzen wir uns in kühnen Schwüngen in das nächste Märchenabenteuer, passieren Bovenden und kurven zur sagenhafte Burg Plesse. In deren Rittersaal wird jedoch nicht eingekehrt.

Burg Plesse 01 . Burg Plesse 02

Wir sind auf den Spuren anderer Persönlichkeiten unterwegs und lassen die Reifen ihr eigenes Lied singen. So wird die wundervolle Deutsche Märchenstraße verlassen, um das Fahrvergnügen weiter zu steigern. Die schönen Schwünge der Landstraße 241 bis Uslar müssen einfach eingesammelt werden. Dort machen wir Rast im Goldwinghaus Fuchs und bringen das Kurvenbarometer nach einem Riesenburger wieder in Fahrt. Die führt uns in das kleine Örtchen Oedelsheim. Die Einzylindermotoren fauchen und stürmen dem berühmt-berüchtigten Gestiefelten Kater entgegen. Dieser ist die weithin bekannte Märchenfigur des Ortes. Im Zentrum des Dorfes erblicken wir ihn in Form einer überlebensgroßen Holzfigur. Ein kurzer Stop muss genügen, da im Nachbardorf die Wahlsburger Märchenfähre auf uns wartet. Es ist eine uralte Gierseilfähre. Sie gelangt – ohne Motor – nur durch die Strömung der Weser an das jeweils andere Ufer. Hier findet der altbekannte Spruch „Fährmann hol über“ noch die passende Anwendung.

Märchenfähre-Gierseilfähre

Einer freundlichen Einladung des Fährmanns folgen wir jedoch nicht, da wir noch ein wenig auf der Märchenstraße in Richtung Norden wandeln möchten.
Ein nächstes Märchen soll sich erfüllen: „Tischlein Deck Dich“. Welcher Ort würde dazu passen? Fürstenberg mit seinem Schloß und der Porzellanmanufaktur. Es befindet sich 90 Meter hoch über der Weser und bietet ein atemberaubendes Panorama über das Wesertal.

Schloß Fürstenberg . Pause an der Weser

Nach kurzer Rast verlassen wir den Ort des weißen Goldes und eilen nach Gieselwerder, um nach Schneewittchen und den Sieben Zwergen zu suchen. Das Märchen wird wahr. Wir treffen Frau Mirela Sevenich-Walter. Sie verkörpert die bekannte Märchenfigur. Die sieben Zwerge haben jedoch Urlaub und müssen sich von den Anstrengungen ihrer Arbeit erholen. Daher lassen wir uns vom märchenhaften Schneewittchen verzaubern. So weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Ebenholz steht sie vor uns in den Händen einen köstlichen roten Apfel. Tina erhält diesen zur Stärkung, um die nächsten schwungvollen Kurven meistern zu können. Noch bevor sie sich verschlucken kann oder ein rettender Prinz auftaucht, brausen wir von dannen. Einen Gasstoß noch und die Bikes rollen in Trendelburg an der Diemel ein. Die mittelalterliche Burg „Trendula“ oben auf den Berg ist von Weitem zu erkennen. Diese befindet sich in privater Hand und beherbergt ein sehr nettes Burghotel. Der sogenannte Rapunzel-Turm diente in dem 1958 entstandenen Heinz Erhardt-Film „Vater, Mutter und neun Kinder“ als Kulisse und hat selbst bis heute noch nichts von seiner magischen Anziehungskraft verloren.
Rapunzel lässt ihren langen Zopf sichtbar herab wallen und macht Tinas Haarschopf mächtig Konkurrenz. Dann geht`s zackig weiter: Durch enge Straßen folgen wir dem Ruf des urwüchsigen Reinhardswaldes und werden mit einem Wechselbad aus Licht und Schatten belohnt. Am sehenswerten Schloß Sababurg werden die Motoren in den verdienten Schlaf geschickt. Wir begeben uns auf Spurensuche. Für eine Märchenaudienz mit Dornröschen und dem Prinzen sind wir jedoch zu früh dran, daher statten wir dem Tierpark Sababurg einen Besuch ab. Den Bösen Wolf können wir finden und die Eule Hedwig fliegt an uns vorbei. War dies nicht eine andere Geschichte?

Tierpark Sababurg 01 . Tierpark Sababurg 02

So sausen wir am kleinen Ort Immenhausen vorbei und lassen uns vom Hans im Glück verzaubern, queren die schönste Fachwerkstatt des Weserberglandes Hannoversch Münden. Hier fließen Fulda und Werra zusammen, um die Weser entstehen zu lassen. Auch der berühmteste Wanderarzt der Barockzeit, Doktor Johann Andreas Eisenbart war hier zu Hause. Noch heute kann man diesem regelmäßig auf dem Markt einem Besuch abstatten. Wir lassen die Hauptstadt der Märchenstraße Kassel rechts liegen. Hier begannen die Brüder Grimm mit dem Sammeln ihrer berühmten Märchen. Wir wollen jedoch noch ein paar Schräglagen-Kilometer einsammeln und treiben die Motorräder auf den märchenverzauberten, ziemlich kurvigen Straßen des Kaufunger Waldes in Richtung Heimat.

Wasserwege

Infos Märchenhafte Runde um Kassel

Allgemeines

Diese Tour besteht zum Teil aus der Schleife der Deutschen Märchenstraße nördlich von Kassel. Den Startpunkt stellt die Knallhütte Baunatal dar. Jeden 1. und 3. Samstag im Monat ab 17.30 Uhr gibt es eine Märchenstunde mit der „Viehmännin“. Ohne weiteres kann diese Tour in einem Tag gefahren werden. Um jedoch die verschiedenen lebenden Märchenfiguren zu treffen und die vielen unterschiedlichen Besichtigungsmöglichkeiten zu nutzen, kann der Trip ohne Probleme auf eine Woche ausgedehnt werden.
www.knallhuette.de

Beste Reisezeit

Möchte man diese Region während der Motorradsaison erfahren, so sollte man den Zeitraum zwischen März und Oktober wählen. Wenn es das Wetter zulässt, kann man diese Runde aber natürlich auch außerhalb der genannten Zeit erkunden. Aber Achtung: In den Höhenlagen des Hohen Meißners kann es dann auch schon mal empfindlich kalt werden.

Anreise

Kassel liegt im Herzen von Deutschland, beziehungsweise in Nordhessen. So lässt sich das Teilstück der Märchenstraße gut über die A7, A44 und A49 erreichen. Am Autobahnkreuz A44 / A49 startet die Tour direkt an der Brauhaus-Knallhütte Baunatal.

Übernachten

Die Region hat sich auf den Tourismus eingestellt. Motorradfahrer sind gern gesehene Gäste. Von der einfachen Ferienwohnung bis hin zum Hotel halten Gastgeber für jeden Geschmack eine Unterkunft bereit. Auf der Homepage der Deutschen Märchenstraße werden ebenfalls Übernachtungsmöglichkeiten ausgewiesen.
Hoteltipp: M&R Landgasthof zur Erholung, Meinte 8, 37170 Uslar-Eschershausen

Sehenswertes

Ein absolutes Highlight dieser Tour sind natürlich die selten anzutreffenden aber immerhin leibhaftigen Märchenfiguren. Mit ein wenig Recherche und der passenden Terminierung kann man diese allerdings problemlos treffen. Besonders gefallen hat uns hierbei – geeignet für Klein und Groß – das Schneewittchen und der lange Zopf der Rapunzel, der sich bei der Burg Trendula findet. In Kassel gehört für jeden Interessierten außerdem der Besuch des Brüder Grimm Museum dazu. Die alte Wilhelm Busch Mühle in Ebergötzen weist den Besucher in das alte Müllerhandwerk ein. Vorführungen lassen das ganze Haus beben, wenn der Wasserstrom über das Mühlrad geleitet wird. Das frische, selbstgebackene Endprodukt kann dann im Brotmuseum genüsslich auf der Zunge zergehen lassen. Für Technikfreaks ist der dort ausgestellte Brotwagen eine Empfehlung. Jede Sehenswürdigkeit lebt von seiner eigenen Märchengeschichte.

Karten

Einen guten Überblick über die gesamte Deutsche Märchenstraße gibt die Homepage www.deutsche-maerchenstrasse.com/de. Eine schön gestaltet Karte zeigt jeden Ort mit seinen Sehenswürdigkeiten und Märchenfiguren.

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