Auvergne

Im Herzen der Natur

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Mit der Volvic Werbung prägte sich eine Landschaft in den Köpfen der Menschen aus aller Welt ein: Grüne Vulkanberge und reinstes Quellwasser – dafür steht die Auvergne. Vulkankegel wechseln sich ab mit kahlen Gipfeln und sanften Tälern. Ursprüngliche Dörfer mit natürlicher Viehhaltung ergänzen das Landschaftsbild. Die Region, mitten in Frankreich gelegen, kennt man auch für Käse und den Export von Mineralwasser. Sie gehört zum Massif Central und reckt sich bis auf 1.866 Meter in den Himmel. Genau hier sind wir unterwegs und rollen auf einsamen, kleinen und kurvigen Straßen erst einmal in den malerischen Weiler Lavaudieu. Eines der schönsten Klöster der Auvergne aus dem Jahre 1057 verbirgt sich dort in den engen Gassen. Das ehemalige Benediktinerkloster wurde Ende des 18. Jahrhunderts als Scheune genutzt und konnte die Französische Revolution überleben. Der doppelstöckige Kreuzgang wird von unterschiedlichen Säulen getragen: einfach oder gedoppelt, polygonal oder glatt, kantig oder gedreht. So gleicht keine der anderen und unterschiedliche Kapitäle thronen majestätisch darüber.

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Die Schritte des Besichtigungsbummel verhallen dann und der Schall der Einzylinder begleitet uns in die Weite der Einsamkeit der kleinen Straßen hinaus. Deren Verlauf folgt den natürlichen Bedingungen der Natur in einem ständigen Auf und Ab folgen. Bald wird der Blinker zum Pas de Peyrol gesetzt, um auf einer imposanten Höhenstraße das Massife Central zu genießen. Die sich immer dichter auftürmenden Wolken lassen aber bald Böses ahnen. Wir müssen leider kurz vor dem Erreichen der 1500 Höhen-Meter-Marke umdrehen. Eine Schneelawine versperrt im Mai den Weg! Kälte macht sich breit. Wind wie aus einer überdimensionalen Kühlhaustür bläst uns entgegen.

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Deshalb rollen wir auf Umwegen in den historischen Ort Salers ein. Hier donnert der Schall unserer Motorräder vom schwarzen Vulkanstein, mit dem die Häuser errichtet wurden, zurück. Seit Jahrhunderten änderte sich das Stadtbild kaum. So trägt die Stadt den Titel eine der schönsten Frankreichs zu Recht.
Auf dem engen Geläuf der D12 rollen wir weiter durch das Tal und immer am Bach entlang. Wenig später werden die Seitenständer direkt an einem wunderschönen Schloss ausgeklappt. Das Château de Val lag einst hoch oben auf einem Felsvorsprung. Nach dem Aufstauen des Flusses Dordogne im Jahre 1951 spiegelt es seine Schönheit heute in einem Stausee wieder, welcher zur Energiegewinnung dient. Schwer poltern die Stiefel durch das Innere und die historische Einrichtung wird ausgiebig bestaunt. Auf den Grundmauern der ursprünglichen Burg Val wurde 1440 das heutige Schloss errichtet. Über die Jahrhunderte verkam das Gemäuer. Mitte des 20. Jahrhunderts machte der Stausee aus ihm eine Art Wasserschloss, das 1953 in den Besitz der Stadt Bort-les-Orgues überging.

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Auf schnellen, schwungvollen Straßen steuern wir dem nächsten epochalen Ort entgegen. Im kleinen Gebirgsdorf Murat-le-Quaire rollen wir auf den Hof des „Scénomusée La Toinette“ ein. Hier wurden die Erinnerungen von einem traditionellen Leben in den Bergen gesammelt, und wir gehen auf eine Zeitreise der Madame Toinette von 1830 bis zu ihrem Tode im Jahre 1912. In vier Räumen werden alte Bräuche, Familienleben, gemütliche Abende am Kaminfeuer, raue Winter, Legenden und Traditionen multimedial in einem sehr speziellen Museum dargestellt. Viele Bauern der Region leben noch heute nach diesen Traditionen und Werten ihr einfaches und hartes Lebens.
Nach dieser Reise durch die Epochen begeben wir uns in traumhaften Schräglagen, untermalt vom einmaligen Brubbern unserer Endschalldämpfer, in die Gegenwart zurück. Die Motorräder surfen durch die grüne Landschaft und singen ihre Melodie der Moderne in die Bergwelt hinein. Hoch auf einem Hügel thront die schöne romanische Kirche Saint-Nectaire. Die ungewöhnlich ausgewogenen Proportionen werden sofort vom Auge erfasst und erinnern ein wenig an die prächtigen Gotteshäuser im Morgenland. Dieses Bauwerk wurde jedoch dem heiligen Nectarius gewidmet, welcher Ende des 3. Jahrhunderts als Apostel in die Auvergne kam. Seinen Glauben konnte er hier jedoch nicht vermitteln. Da er aber als Mensch hoch geachtet wurde, errichtete man ihm zu Ehren dieses Gotteshaus.

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Einen Gasstoß weiter befindet sich die geologische Besonderheit: „Die Versteinernden Brunnen“. Auf Grund vergangener vulkanischer Aktivität kann sich das Regenwasser mit Kalkkarbonat anreichern und wieder zur Erdoberfläche hervortreten. Gummiabgüsse werden auf spezielle Tropfleitern gelegt und das Wasser wird über die Abgüsse tropfenweise zugeführt. Daher kann der Kalk sich ablagern und ermöglicht die Herstellung unterschiedlichster versteinerter Waren. Dieses Handwerk wird bereits seit 200 Jahren ausgeführt und immer weiter verfeinert. Deshalb können selbst die ausgefallensten plastischen Abbildungen gefertigt werden.

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Zunächst drehen sich die Räder weiter durch Wälder und sattgrüne Weiden mit den tiefroten Rindern. Auf einsamen einspurigen Straßen folgen sie dem Auf und Ab der vulkanischen Landschaft. An einem riesigen durchlöcherten Felsen werden die Zündschlüssel abgezogen. Wir steigen zu dem größten Wohnhöhlenkomplex Europas hinab. Die Anfänge werden in der Keltenzeit vermutet. Im Mittelalter wurde dann eine komplexe Stadt in das weiche Vulkangestein gegraben und erinnert ein wenig an Kappadokien.

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Wir wollen noch unzählige Schräglagen genießen und folgen der D 36 in zahllosen Kurven auf den Col de Croix St. Robert. Das Passschild zeigt 1481 Meter über den Meeresspiegel. Mit mächtigen Schräglagen tanzen wir auf der anderen Seite in die Tiefe, lassen den Lac d´Aydat rechter Hand liegen, um an einem einsamen Schloss eine Pause einzulegen. Kaum verstummt der Motor, steht ein alter Mann neben uns und stellt sich als François, Schlossbesitzer vom Château de la Bâtisse, vor. Gerne nehmen wir seine Einladung zur Schlossbesichtigung an. Die Ursprünge des heutigen Schlosses bildete ein Wachturm aus dem 13. Jahrhundert, welcher der Verteidigung diente. Im Jahr 1697 erwarb die Familie Chasteauneuf das Anwesen, ergänzte es im Stil der damaligen Zeit. Auch der weitläufige Garten im klassischen Stil wurde angelegt. Heute gibt der Schlossherr angemeldeten Besuchern gerne Einblick in das Leben und Wirken seiner Vorfahren. Als Hauptaufgabe wird die Pflege und Erhaltung des Schlosses betrachtet. Daher werden im Sommer Mittelaltervorführungen mit historischen Waffen, Ritterschlag und Übungskämpfen organisiert, um das Schloss weiterhin erhalten zu können.

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Wir verabschieden uns jedoch ohne Ritterschlag, lassen das Château de la Bâtisse im Rückspiegel schnell kleiner werden und rollen in Clermont-Ferrand, der Hauptstadt der Auvergne, ein. Für uns Motorradfahrer findet sich schnell ein Stellplatz auf dem Place de Jaude mitten im Zentrum. Weiter oberhalb ragt mächtig imposant die Kathedrale Notre-Dame de l´Assomption in den Himmel. Der gotische Bau wurde von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt. Wir bestaunen die schwarze Kirche, welche aus dunklem Lavagestein besteht. All zu lange verweilen wir jedoch nicht in der quirligen Stadt und kurven dem Plateau de Gergovie entgegen. Oben angekommen werden wir mit einer großartigen Aussicht auf die Vulkanauvergne belohnt. Samt einem dampfenden Pott Cafe au Lait genießen wir den Blick auf den Puy de Dôme. Der markante Vulkanberg ragt majestätisch mit 1464 Metern in den Himmel und kann schon von weitem wahrgenommen werden.

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Das ist die Ouvertüre für den nächsten Tag und der wird „heiß!“ Wir stürzen uns ins Abenteuer Erde! Schnell tragen wir ein paar wunderschöne Straßenrouten in Richtung Vulkanauvergne zusammen. Rollen dann an den Vulkankegeln vorbei, umkurven diese, um kurz darauf mitten in „Vulcania“ den Zündschlüssel ab zu ziehen. Die Grundidee für Vulcania wurde in den Köpfen der Vulkanologen Katja und Maurice Krafft geboren. Die beiden Elsässer kamen im Jahre 1991 bei einem Ausbruch des Unzen in Japan leider ums Leben. Noch heute sind ihre wissenschaftlichen Forschungen und Bilder allerdings ein fester Bestandteil in diesem einzigartigen Freizeitpark. Mit einem Mix aus Entdecken, Spaß und Nervenkitzel begibt sich der Besucher in ein einzigartiges Abenteuer. Mittels unterschiedlichster Animationen wird die Macht der Vulkane und der Naturgewalten erklärt. Mit dem Magma Explorer stürzen wir uns in die Tiefe der Magmakammer hinab und werden bei einer Eruption weit hinaus über das Meer wieder herausgeschleudert, um anschließend sanft auf dem Boden der Realität zu landen. Durch bebende Plattformen, 5D Filme und durch Hightech Attraktionen werden alle Sinne angesprochen.
Dass Feuer und Wasser dicht beieinander liegen, beweist die nahe gelegene Volvic Quelle. Auf 3800 Hektar Fläche sammelt sich das Regenwasser in einem einzigartigen ursprünglichen Tal. Frei von Siedlungen und intensiver Landwirtschaft konnte hier ein einzigartiges Ökosystem entstehen. Das Regenwasser versickert langsam am Puy de la Nugère und strömt durch sechs verschiedene Schichten der erkalteten porösen Lava. Durch diesen Prozess wird das Wasser wie von einem natürlichen Filter gereinigt und kann aus dem Gestein Spurenelemente lösen und aufnehmen. Auf undurchlässigem Granitboden sammelt sich das nun entstandene Tafelwasser. Eine Tiefenbohrung im Jahre 1961 förderte ein außergewöhnlich reines Wasser zutage. Die Volvic Quelle wird 1965 zu Mineralwasser erklärt und beginnt nun seinen Siegeszug um die ganze Welt. Die Firma Volvic und die dort im Einzugsgebiet lebenden Menschen achten sehr auf die Umwelt und sind bemüht, jegliche Verunreinigungen der Natur zu unterbinden. Nur so kann die Reinheit dieses Quelltales bewahrt werden.

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Nach so vielen Eindrücken wollen wir den Motorrädern wieder etwas Fließgeschwindigkeit zukommen lassen und rauschen an grünen Vulkankuppen vorbei, die sich wie Perlen an einer Schnur aneinanderreihen. Durchfahren dann wunderschöne kleine mittelalterliche Städtchen mit vielen Natursteinhäusern. Wir folgen den natürlich geschwungenen Landstraßen über Hügel und durch einsame Täler. Mit einem mächtigen Kurventanz genießen wir einfach nur den Zauber der Natur. Nach unzähligen Schräglagen berühren die Seitenständer zur Pause am Château de Parentignat erneut den Boden. Durch das mächtige Eisentor können wir das prächtige Schloss erblicken. Zu Recht wird es auch als Klein-Versailles der Auvergne bezeichnet. Das riesige Portal wird geräuschvoll geöffnet und Marelyse begrüßt uns im perfekten Deutsch. Sie ist der Liebe wegen in Frankreich geblieben und führt nun Touristen durch die geschichtsträchtigen Räume. Auch dieses Anwesen hat seinen Ursprung in einer Burg und wurde Ende des 17. Jahrhunderts zu einem dreiflügeligen Schloss umgebaut. Im Inneren bestaunen wir stundenlang die grandiosen Salons mit ihren prachtvollen Gemälden. Nur der privaten Initiative der Familie de Lastic ist der Erhalt des Schlosses zu verdanken.

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Zutiefst beeindruckt genügt ein kurzer Gasstoß, um in Usson, einem ursprünglich erhaltenen Ort, die Motoren verstummen zu lassen. Hier wurde einst die Königin Margot von ihrem Mann, König Henri IV, in Verbannung gehalten. Immerhin ein schöner Ort, denn von der Burgkapelle eröffnet sich ein fantastischer Panoramablick auf die unzähligen erloschenen Vulkanberge rings herum. Wehmütig saugen wir diese einmalige Landschaft in uns auf. Von nun an kurven die Motorräder südwärts, donnern mit Schwung durch das Allier-Tal und erhaschen einen Blick von dem pinkrot gestrichenen Viaduc de Garabit. Gustave Eiffel, berühmt geworden durch den Eiffelturm in Paris, hat auch hier ein Meisterwerk erschaffen. Auf 564 Metern überspannt dieses die Truère. Schnell wird das filigrane Eisenkonstrukt im Rückspiegel kleiner, und schon stehen wir bei Michel auf einem einsam gelegenen Bauernhof. Er kommt aus seiner Garage und begrüßt uns mit schwarzen, öligen Händen. In seiner Werkstatt restauriert er gerade eine betagte BMW R25. Sofort wird eine gemeinsame Sprache gefunden, denn Motorräder aller Jahrgänge sind nun mal spannend! Voller Stolz stellt er uns dann noch ein paar Schätzchen mehr vor. Später leben am Kamin, wohlige Wärme spendend, endlose Motorradgeschichten auf.

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Nach viel zu wenig Schlaf eilen wir auf schnellen Straßen dem DB-Autoreisezug-Terminal entgegen. Über Nacht bringt er uns, noch einmal von den grünen Vulkanbergen der Auvergne träumend, in die Heimat zurück.

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Folgende Unterkünfte haben wir aufgesucht:

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L’Oustar de TOUGNINI Wunderschön einsam mitten in der Natur gelegen, im Dörfchen Trailus (Teil der Gemeinde Ruynes-en-Margeride) empfängt Euch Ghislaine und Luc Bony in ihrem zu einem Gasthaus umgebauten alten Stall.
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Hotel Saluces Direkt im historische Stadtkern des Örtchen Salers gelegen.
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Hotel Sancy in Besse Hier haben wir in  Besse et St Anastaise einen Zwischenstop eingelegt.
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La Maison Bourgeoise Helen und John Clark sind von Großbritannien nach Frankreich übergesiedelt und führen in Saint Vincent ein kleine, aber feine Pension.
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Suzy und Michel Siquier Michel ist leidenschaftlicher Schrauber und Motorradfahrer. In seiner riesigen Garage sammelt und restauriert er alte Motorräder.
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Weitere Infos findet Ihr hier:
www.auvergne-tourisme.info
www.auvergne-motorrad.de
www.auvergne-tourismus.de

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