Suzuki GT750 Wasserbüffel

Bärenstark! Suzuki GT750 Wasserbüffel

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Burkhard

Einige bezeichnen ihr Motorrad liebevoll als Zicke, die Dicke oder nennen es einfach nur Zebra. Bei Suzukis damaliger Neuentwicklung, einer 750er Sportmaschine, soll bereits intern der Name „Wasserbüffel“ verwendet worden sein, der jedoch nicht übernommen werden sollte. So präsentierte Suzuki dann im Herbst 1970 bei der 17. Tokio-Motor-Show die 750er mit flüssigkeitsgekühltem Dreizylinder-Zweitakt-Triebwerk.
Zu dieser Zeit waren die Käufer noch in zwei Lager gespalten. Den imposanten Viertaktern der unterschiedlichsten Hersteller machten die quirligen Zweitakter mächtig Druck und ließen diese bei entsprechender Fahrweise stets im Nebel der Abgase stehen. Suzuki bediente auch diesen Markt mit unzähligen Modellen. Im Jahr 1972 öffnete sich endlich der Vorhang und das als Supersportler angedachte Motorrad betrat den Markt der Welt. Aufgrund des sportlichen Images erhielt die 750er in den USA die Bezeichnung „LeMans“. Für den deutschen Markt hatten die Marketingstrategen lediglich den Schriftzug „WATER COOLED 750“ auf den Seitendeckel übrig. Hinter diesem verbarg sich ein bäriger Motor mit drei Zylindern, der die 120-Grad-Kurbelwelle im horizontal teilbaren Motorengehäuse mächtig ins Rotieren brachte. 70 mm Bohrung und ein Hub von 64 mm ergeben 738 Kubikzentimeter Hubraum. Mit 63PS wurde die Leistung bei dem hier vorgestellten Modell A aus dem Jahre 1976 verbrieft.

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Liquid Cooled . Kühler

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Die Versorgung des Zweitakters mit Öl übernahm die „CCI“ (Crankshaft-Cylinder-Injection-Frischölschmierung), eine gasgriff- und drehzahlabhängige Ölpumpe. Entsprechende Leitungen versorgen die unterschiedlichen Schmierstellen an Zylinderwänden und Kurbelwellenlager mit Zweitaktöl. Mit dem Suzuki Recycle-Injektion-System, auch „SRIS “ genannt, wurde durch den Druckunterschied das unverbrauchte Öl in den jeweiligen Spülkanal des benachbarten Zylinders befördert. Einen blau qualmenden Auspuff, unverkennbares Zeichen der Zweitakter, kennt die GT750 daher kaum. Dem Fahrer wird ein Fünf-Gang-Getriebe zur Verfügung gestellt. Der Endantrieb erfolgt über eine Kette. Die Tachoskala glänzt mit 220 oder, zählt man die Balken weiter, sogar mit sagenhaften 240 Kilometern pro Stunde. Das war zu damaliger Zeit schon eine Machtansage! Es stand zum Anlassen wahlweise ein E- oder Kickstarter zur Verfügung. Das Leergewicht von 253 Kilogramm machte bereits damals schon klar, dass es sich hier nicht um eine reinrassige Sportmaschine handeln kann. Auch optisch konnte dieses Motorrad nicht dem Sportsegment zugeordnet werden. Weit reicht der Kühler in den Fahrtwind hinein. Die zu damaliger Zeit recht starken 63 PS bei 6500 Umdrehungen pro Minute glänzten zusätzlich mit einem äußerst starken Durchzugsvermögen. Das war der Trumpf des Wasserbüffels und so festigte sich dieser Spitzname zu einem unverwechselbaren Motorradtyp.

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Tacho . Kistarter

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Auch Burghard Schorstein war dem kultivierten Lauf und unverwechselbaren Sound erlegen. Alte Werbeplakate von zwei sich in Schräglage der Kurve grüßenden Motorradfahrern leben wieder vor seinem geistigen Auge auf. Im August 1976 erwarb er dann seinen Wasserbüffel bei dem damaligen Motorradhändler Bono in Göttingen. Bis heute ist er seiner GT750 treu geblieben und der alte Fahrzeugbrief glänzt seit 39 Jahren mit nur einem Haltereintrag. Der damalige Kauf führte sogar fast zum Zerbrechen der anstehenden Hochzeit. Zwischenzeitlich war das auserwählte Modell ausverkauft und nur noch die abgespeckte Version in schwarz konnte erworben werden. Voller Motivation wurde deshalb eine Transportkiste nach der anderen geöffnet. Die Mühe erwies sich als Glücksgriff. Das Licht der Welt erblicke eine GT750 in der Farbe Flake Orange. Das Einfahren war eine langwierige Angelegenheit. Erst nach 5.000 Kilometern drehte der Motor richtig rund. Tief grummelte das Triebwerk vor sich hin und durfte unzählige Reisen, Motorradtreffen, Langstrecken und die täglichen Wege absolvieren. Das Reisetempo lag schon damals bei beachtlichen 160 bis 180 Kilometern pro Stunde auf der Autobahn. Dabei konsumierte der Drilling auch gerne mal über acht Liter Benzin. Der Durchschnittsverbrauch bei normaler Fahrweise pendelt zwischen 6,5 und 7,8 Litern Kraftstoff pro 100 Kilometer. Die Frischölschmierung will auf 1000 Kilometern mit heute undenkbaren zwei Litern Öl versorgt werden. Um nächtliche Fahrten zu erleichtern, musste die Original-Glühlampe weichen und wurde sofort auf H4 Licht umgerüstet. Der Rahmen war damals schon recht verwindungssteif. Die viel zu schwach ausgelegten Schwingenlager aus Kunststoff wurden jedoch schnellstmöglich gegen Bronzelager ausgetauscht. Genauso verlangte das gelegentliche Rappeln der Auspuffanlage nach einem Austausch. Burghard bemerkt ganz beiläufig: „Eigentlich ein langweiliges Motorrad, da nichts kaputt geht.“ Natürlich betrachtet er es aus technischer Sicht und will den seidenweichen Lauf des Motors nicht mehr missen. Das Surren der Maschine kann mit der Laufkultur eines Sechszylinders verglichen werden. Zum Beweis drückt er auf den Anlasserknopf. Die Lebensäußerungen kommen dem Klangbild eines Wartburg bzw. Barkas B1000 aus der ehemaligen DDR recht nahe. Es pöttelt dumpf etwas mehr und lässt auch das heisere Schreien der luftgekühlten Zweitakter vermissen. Ein angenehm dumpf säuselnder Sound entweicht dem Auspuff. Unaufdringlich sonor läuft der Motor im Wassermantel und dämpft so die ansonsten auftretenden Zweitaktlebensgeräusche von Kolben und Kolbenringen enorm.

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Burkhard hinten . Burkhard Tunnel

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Im Jahre 1981, bei 32.000 Kilometer, war dann jedoch der erste Boxenstopp fällig. Durch einen verschmutzten Vergaser überhitzte ein Kolben und es brannte sich ein Loch ein. Es waren erste Schraubertätigkeiten gefordert, jedoch wurde nur der eine beschädigte Kolben ausgetauscht und schon wehte wieder der Fahrtwind vieler Reisen um die Nase. Unzählige problemlose und pannenfreie Kilometer spulte diese vorzügliche Tourenmaschine ab. Ein sich lösender Fixierbolzen für den oberen Kolbenring sorgte dann noch einmal für eine Operation am Herzen der Maschine. Dieses Mal wurden im Jahre 2001, bei stolzen 88.219 Kilometern, vorsorglich alle Kolben ausgetauscht und die Zylinder nachgeschliffen. Italienische Nachbaukolben waren Burghards Favoriten und so beförderte er diese in die Dunkelkammer der Verbrennung. Allen Unkenrufen entgegen erwiesen sich diese bis heute als ebenso zuverlässig wie das Original. So stehen nun recht problemlose 142.358 Kilometer auf dem Zähler und im Motor dreht sich bei bester Gesundheit immer noch die erste Kurbelwelle. Auch wurde das Getriebe noch nicht angetastet und verrichtet zuverlässig seinen Dienst. Sieht so ein langweiliges Motorrad aus? Nein, so sieht japanische Wertarbeit aus und lässt Besitzer Burghard ins Schwärmen kommen. Es werden fast keine Vibrationen an den Fahrer weiter gegeben. Den bulligen Motor bewegt er oft im Drehzahlbereich von 4.500 Umdrehungen pro Minute und die nachgerüstete Sitzbank macht das Motorrad zu einem perfekten Langstreckenfahrzeug. Das nächste Ziel liegt schon in greifbarer Nähe. Der „Eisenarsch“ soll im jungen Alter von 61 Jahren in Angriff genommen werden. 1.000 Meilen müssen in 24 Stunden absolviert werden. Ob der alte Motor das übersteht, darüber macht er sich keine Sorgen. Aber eins wissen wir nun: Motorradfahren hält jung!

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Standbild

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Motor

Typ: Flüssigkeitsgekühlter Dreizylinder-Zweitakt-Reihenmotor mit Getrenntschmierung durch Suzuki CCI und SRIS System, elektrischer Anlasser und Kickstarter
Hubraum: 738 ccm
Leistung: 63 PS bei 6.500 U/min
Bohrung: 70 mm
Hub: 64 mm

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Kraftübertragung

Getriebe: 5-Gang
Kupplung: Mehrscheiben in Ölbad
Endantrieb: Kette

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Fahrwerk / Bremsen

Rahmen: Doppelschleifen-Rahmen
Federung vorne: Teleskopgabel
Federung hinten: Zwei Hydraulische Dämpfer, Fünffach verstellbar
Räder vorne: 19×3.25“ Speichenrad
Räder hinten: 18×4.00“ Speichenrad
Bremse vorne: Doppelscheibenbremse Durchmesser 295 mm
Bremse hinten: Trommelbremse Durchmesser 180 mm

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Maße und Gewichte

Länge: 2.215 mm
Breite: 880 mm
Gesamthöhe: 1125 mm
Radstand: 1455 mm
Bodenfreiheit: 140 mm
Sitzhöhe: 760 mm
Gewicht: 253 Kg
Zulässiges Gesamtgewicht: 410 Kg
Tankvolumen: 17 Liter
Höchstgeschwindigkeit: 190 km/h
Bauzeit: 1972 – 1977

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Neupreis: 6.250 Deutsche Mark