Australien I

image001 . Koala C

Endlich angekommen! Auf der linken Seite können wir die Skyline von Sydney erkennen. Majestätisch erhebt sich das Opera Hause hinter der Harbour Bridge. Dieses Panoramabild zeigt uns einen perfekten Eindruck von dem, was noch auf uns wartet. Auf der in das Meer hineingebauten Landebahn setzt der Flieger auf. Umgehend suchen wir das Zollgebäude neben dem Flughafen auf. Die Motorräder wollen wir natürlich sofort vom Hafen holen. Nach dem Abstempeln des Carnet de Passage müssen wir zum Australian Quarantine Inspection Service. Danach dürfen wir die Maschinen endlich wieder unser Eigen nennen. Der dort ansässige Hygieneinspektor wirft nur einen Blick auf die neuen Heidenau Reifen und schaut sich die Kotflügel von unten an. Stundenlang wurden die beiden Maschinen für diesen Augenblick penibel gereinigt. Man möchte ja nicht noch aus irgendeinem Grund Probleme bekommen. Wir lagern die Transportbox ein und können dann schließlich durchstarten. Aber Achtung, hier herrscht Linksverkehr und dieser macht uns am Anfang zu schaffen. Einmal kurz nicht aufgepasst und schon kann es einem passieren, dass man auf der falschen Straßenseite landet. Mit einem Hupkonzert werden wir aber gewarnt und schärfen alle Sinne. Glücklicherweise herrscht im Hafengebiet wenig Verkehr. Wir tasten uns durch das Gebiet, erkunden mit unseren Motorrädern noch ein bisschen die aufregende Stadt, bevor wir sie auch schon wieder verlassen müssen.

Opera C . Harbour II

Zur Eingewöhnung wird der Pacific Highway geentert. Wir folgen einer Einladung nach Newcastle. Martin wartet schon an der Tür und empfängt uns mit einem herzlichen Welcome! Die KTM werden gleich in die Garage geschoben und wir drei begutachten umgehend die einspurigen Schätzchen. Klar, dass dabei Reisegeschichten wieder aufleben und natürlich sofort ausgetauscht werden müssen. Die Zeit jedoch drängt. Es ist Weihnachten, und wir folgen mit Martin sofort der nächsten Einladung. Roy, Angie und deren Freunde aus allen Teilen der Welt heißen uns Willkommen. Weihnachten feiern im Warmen mit einer Barbecue Party, herrlich. Trotz anfänglicher Scheu und ein paar Verständigungsproblemen wird es ein lustiger Abend, der leider im Eiltempo vergeht. Später fallen Tina und ich todmüde, aber trotzdem voller Vorfreude, ins Bett.
Ausgeruht erkunden wir den Watanga Nationalpark. Das erste Warnschild mit dem Känguru können wir sichten. Ein paar Pisten weiter steht das lebendige Exemplar mitten auf der Straße. Der Motor wird abgeschaltet und wir warten ab, bis es im Busch verschwindet.

Rooh I C . Rooh II C

Dann folgen wir auf einsamen grünen Pisten dem Auf und Ab der Berge und verlassen den Nationalpark. Jetzt wird der Australian Reptile Park angesteuert. Dieser dient auch als Zuchtstation für den Tasmanischen Teufel und als Melkstation der australischen Trichterspinnen. So bietet sich uns die Gelegenheit, einen Einblick in die giftige und gefährliche Tierwelt Australiens zu bekommen. Wir bestaunen die teils wirklich fremd aussehenden Geschöpfe und machen einen Rundgang. Im Nachhinein ist uns schon ein wenig mulmig zu Mute. Was passiert, wenn man solch ein Tier in freier Wildbahn trifft? Darüber sollte man nicht nachdenken.

Schlange C . Kroko C

Die Räder rollen weiter nordwärts. Der Buckets Way steht auf dem Plan. Kaum aus der Stadt, verfolgt uns ein Streifenwagen. Auf der nächsten Geraden werden wir mit viel Blau- und Rotlicht überholt, um zu stoppen. Es geht schon gut los! Fahrzeugpapiere und die Pässe werden eingefordert. Die Papiere sind schnell durchgesehen, aber die Fahrzeugscheine stellen die Beamten vor ein Rätsel. Vier Seiten mit vielen Sondereintragungen pro Motorrad lassen ihn an seine Grenzen der Bürokratie stoßen. Daher fragt er, wo der Hubraum vermerkt ist. Nun wird es klar: Er wollte sich die Maschinen ansehen und den Hubraum wissen. Nachdem Licht ins Dunkel gebracht worden ist, entschuldigt er sich, dass er kein Deutsch spricht und lässt uns ziehen. Die Räder folgen einer hügeligen Landschaft. Die Dichte des Baumbewuchses wird geringer. Der Blinker muss gesetzt werden, um den Thunderbolts Way aufzurollen. In schönen langen Kurven schwingen wir uns hinauf zum Prettie Nationalpark. Auf der Passhöhe bietet sich ein fantastischer Panoramaausblick auf die schroffen Berge. Kühle Luft dringt durch die Kleidung. Das bringt eine kleine Abwechslung, denn in Australien gestalten sich die Temperaturen zur Weihnachtszeit alles andere als kühl.
Zügig steuern wir das kleine Dorf Dorrigo an. Das Motorradmuseum findet man schnell. Der Schriftzug über dem Eingang macht es weithin sichtbar: Der Welt kleinstes Motorradmuseum. Juan und Barbara begrüßen uns freudig. Ihr Konzept scheint aufzugehen. Es ist ein Treffpunkt für Motorradfahrer geworden und reges Treiben findet sich hier immer. Nur vier Motorräder beherrschen die Museumszene. Dafür sind die Wände voll mit Bildern vom Motorradsport, überdimensionale Werbeplakate, Ausrüstung und Bekleidung – alles rund ums Motorradfahren. Ein lebendiges Museum.

Museum I . Museum II

Wir müssen jedoch weiterziehen. Ein kurzer Ausflug auf den Sky Walk des Dorrigo Nationalpark lässt weite Blicke auf die Berge der Umgebung zu. Der Baumwipfelpfad bringt uns auf eine Höhe mit den hier lebenden Vögeln. Ein Paradies für Vogelkundler. Wir fliegen weiter nordwärts auf dem State National Way. Eine wunderbar grüne Landschaft eröffnet sich uns im stetigen Auf und Ab der Berge. Eine Kurve jagt die nächste und umgehend wird der Lions Road gefolgt. Mit einem Auf und Ab einer Achterbahn treffen wir in Queensland ein. So folgen wir einer kleinen Straße, welche uns über viele kleine Brücken durch die wunderschöne Landschaft führt. Nichtsahnend können wir schon von weitem den dunklen wolkenverhangenen Himmel sehen. Die Vorahnung bestätigt sich schneller als erwartet. Innerhalb von Minuten fahren wir durch eine von Wasser geflutete Straße. Die Wet Season hat uns erreicht. Die erste Bushaltestelle lassen wir noch achtlos links liegen. Zwischenzeitlich regnet es die sprichwörtlichen Bindfäden und die nächste Haltestelle ist unsere. Die Motorräder werden auf die Ständer gestellt und in schnellen Sprüngen wird das Wartehäuschen geentert. Allerdings waren wir nicht die einzigen mit dieser Idee. Nick und Marlyn hatten uns vor kurzem noch mit ihren Harleys überholt. Nun stehen wir gemeinsam in der Haltestelle und warten den Schauer ab. Man erklärt uns, dass diese Art Regen vollkommen normal sei und oftmals an den Nachmittagen herunter prasselt. Unsere Stadler Bekleidung – made in Germany – hält zum Glück dicht. Marlyn und Nick sind jedoch bis auf die Haut durchgeweicht. Der Regen lässt nach und Nick entert sein Motorrad. Er fährt mit nur einer Hand, die zweite wird durch einen Haken ersetzt! Da kommt mir der Film „Nebel des Grauens“ in den Sinn. Nichts wie weg hier!
Ein paar Kleinigkeiten wollen noch besorgt werden und die Spritfässer schreien auch nach Benzin. So halten wir in der nächsten größeren Stadt. Auf dieser Rast treffen wir Dorothee Fleck. Sie fährt allein mit dem Fahrrad durch Australien. Uns wird klar: Was sind wir für Luschen!

Fleck . Tanken

Niedergeschlagen durch diese Erkenntnis sitzen wir die paar Kilometer bis Brisbane ab. Es wird einer Einladung von Peter gefolgt. Er ist historischer Völkerkundler und hat auch schon ein paar Jahre in Deutschland als Englischlehrer gearbeitet. Das easy going Leben hat ihn jedoch dazu bewegt, wieder nach Australien zu gehen. Er berichtet viel über die Besiedelung des Kontinents durch deutsche Auswanderer. Der Abend vergeht wie im Flug. Albert kommt später dazu. Er ist ehemaliger Harleydealer und nun in Rente. Voller Stolz zeigt er uns seine Sammlung an Motorrädern. Er fragt uns nach unseren weiteren Plänen Wir berichten von unserem Vorhaben von Norden nach Alice Springs zu fahren. Er gibt uns den Hinweis, dass wir in der Regenzeit im Norden eventuell wie auf einer kleinen Insel festsitzen könnten. Das vielleicht auch für Wochen. Weiterhin schlägt er uns auf Grund der dort herrschenden Waldbrände vor, diese Richtung nicht einzuschlagen. Die Fahrtroute wird nun neu ausgearbeitet, Peter und Albert nicken sie ab. So führt uns die nächste Etappe nach Marburg in Queensland.

Marburg I . Marburg III

Wir fahren im Ort auf und ab und suchen einen geeigneten Stellplatz. Ein kleines Schild mit dem Campingzeichen fällt mir an der Kreuzung auf. Dem wird gefolgt, wir werden jedoch nicht fündig. Wenden und zurück in den Ort! An einer Trabrennbahn stehen Caravans. Wir halten und fragen den Platzwart. Kein Problem, wir können bleiben, solange wir möchten. Jetzt heißt es: Zelt aufbauen. Der erste Hering ist noch nicht im Boden, da steht Peter bei uns und will uns ein Bier ausgeben. Wir lehnen vorerst ab, da wir unsere Bleibe einrichten müssen. Er wohnt direkt an der Rennbahn. Nach dem Aufbau unseres Stoffhauses wird wird der Einladung gefolgt. Nach dem Abarbeiten des üblichen Fragekatalogs erzählen wir, dass wir ca. 90 Kilometer vom deutschen Marburg entfernt wohnen. Peter und seine Frau Beth sind voller Freude. Sie laden uns am nächsten Tag in den Pub ein. Die Uhrzeit verwirrt uns jedoch ein wenig. Mittags um zwölf! Peter ist schon vor uns dort. Er hat das ganze Dorf auf den Plan gebracht und stellt uns Curlie vor.

Curlie . Marburg II

Seine Vorfahren stammen ebenfalls aus Deutschland. Sichtlich gerührt, mit Tränen in den Augen, berichtet er von seiner Familie. Sie kamen als Farmer hierher, um sich ein neues, besseres Leben aufzubauen. Kurz darauf erscheint Paul Buchholz. Er wurde 1926 in Hamburg geboren und ist der letzte „richtige“ Deutsche im australischen Marburg. Nach dem Weltkrieg fand er als Maurer in Deutschland keine Arbeit und kam 1952 mit weiteren 39 anderen Deutschen hierher, weil dreihundert Häuser in Melbourne gebaut werden sollten. Diese waren 1954 fertig und Paul blieb mit weiteren fünf Deutschen auf dem roten Kontinent. So lebt er seit der Fertigstellung der Häuser im australischen Marburg und geht jeden Tag auf „einen“ Portwein in den Pub. Seine Frau holt ihn immer ab, wenn er zu lange fern bleibt. Fasziniert und mächtig beeindruckt lauschen wir eine ganze Zeit lang den Geschichten des alten Mannes und kommen zu folgender Erkenntnis: Liebe und Portwein halten jung!

Paul . Pub

Nachdem uns das halbe Dorf vorgestellt wurde, werden wir gebeten, am nächsten Tag im Pub Happy New Year zu feiern. Dieses können wir nicht abschlagen und erscheinen pünktlich. Die ersten Runden gehen über die Theke. Ein Schnapsglas gefüllt mit Jägermeister wird samt Glas in das Bier versenkt und soll mit einem Zug geleert werden. Tina zieht mit und erntet Begeisterung. Mike rülpst danach frei von der Leber weg. Das kann ich besser nach erfolgter Leerung des Glases. Mike und Hector drehen sich um und zeigen mit dem Daumen nach oben. Dann Prost, raue Sitten im australischen Pub! Danach geht die Feier richtig los. Die Band spielt auf und jeder feiert völlig ungeniert mit. Der Staub wird aus den Kehlen gespült. Wir wollen unsere Runde zahlen. Der Wirt lehnt jedoch entschieden ab. Mitnehmen und saufen heißt die Anweisung. Je rauer die Sitten, umso herzlicher ist es in Down Under gemeint. Gerne ziehen wir mit und der Abend vergeht viel zu schnell. Nach Happy New Year ziehen wir in unser Tausend – Sterne – Hotel ein. Ausgeruht packen wir am nächsten Tag unsere Ausrüstung zusammen und fahren zum Pub. Mikel hat alle zum Lunch eingeladen. Mike und Hector saßen schon wieder an der Bar. Drei Stunden Nachtruhe waren ihnen genug. Der Abschied rückt näher und wir erhalten eine Einladung zum nächsten Happy New Year in das australische Marburg. Nach dem langen Abschied schwingen wir uns auf die Motorräder und steuern Toowoomba an.

Richtung Toowoomba I . Richtung Toowoomba II

Die Straße schlängelt sich in weiten Radien in die Höhe und kühle Luft strömt in die Helme. 700 Meter über dem Lockyer Valley liegt der Ort auf einem Hochplateau der Great Diving Range und gibt eine herrliche Weitsicht frei. Viel Zeit bleibt heute nicht zum Verweilen, da Kilometer unter die Räder genommen werden wollen. So rollen wir auf langen Straßen bis nach Goondiwindi mit seinen historischen Holzgebäuden, um dann nach einem langen Fahrtag Moree am Gwydir River zu erreichen. Das Zelt für die Nacht wird an einem schattigen Platz am Straßenrand aufgestellt. Danach wollen wir uns im 42° warmen, artesischen Wasser entspannen. Nach Sichtung des zugebauten Gebäudekomplexes vergeht uns das Relaxen. Daher lassen wir den Tag im Schatten der Bäume ausklingen, um am nächsten Tag rechtzeitig wieder auf der Straße zu sein. Die Spritfässer werden noch, um danach auf wunderbar einsamen Straßen die karge Landschaft zu genießen.

Rooh III C . Kopf C

Kängurus stehen am Wegesrand und die schnellen Emus laufen doch fast noch ins Motorrad hinein. Ein starkes Abbremsen verhindert diese unfreiwillige Begegnung. Umgehend lassen wir es ein wenig ruhiger angehen. Die Sonne brennt inzwischen heiß herab und veranlasst uns, in dieser kargen, einsamen Gegend einen schattigen Platz zur Rast aufsuchen. Kein Mensch und Auto sind weit und breit zu sehen. Uns ist diese Einsamkeit willkommen, um ein Nachlager zu suchen. So schlagen wir unser Heim im Outback News South Wales auf und genießen den rotgoldenen Abend.
Der nächste Tag lässt uns Cobar queren. Von weitem erkennt man am Ortseingang die Geschichte des Erzabbaus am überdimensionalen Namensschild auf einer Halde. In der Stadt sind am Straßenrand die alten Bergwerksgeräte aufgestellt – eine Art lebendiges Freilichtmuseum. Das Great Western Hotel wurde im Jahr 1898 erbaut und hat eine neunzig Meter lange Veranda. Es gilt als zweitgrößter Pub in Australien. Wir können jedoch keinen kühlenden Gerstensaft zu uns nehmen, dann wäre der Fahrtag ja vorzeitig beendet. Wir geben lieber Gas und erreichen kurze Zeit später Wilcannia. Eine kühle Atmosphäre empfängt uns im Ort. Im Volksmund wird es auch als „Wildcannia“ bezeichnet, da es als Hochburg rassistischer Zusammenstöße zwischen den weißen Polizisten und den Ureinwohnern –den Aborigines – gilt. Die Ureinwohner machen hier circa achtzig Prozent der Bevölkerung aus, was sofort auffällt. Die Fenster und Türen der Häuser sind vergittert und das im Stadtzentrum befindliche Hotel gilt eher einem Hochsicherheitstrakt als einer Oase der Ruhe und Entspannung. Trotzdem kommen wir mit den Ureinwohnern Australiens in Kontakt, schwingen uns nach der willkommenen Abwechslung wieder in die Sättel und folgen dem Barrier Highway.

Barrier HW I . Barrier HW II

Die Landschaft wird ein wenig hügelig und wir queren das südliche Outback. Die Straße verläuft nun gerade bis zum Horizont. Die Sonne schickt unerbittlich ihre Strahlen nieder – kein Schatten weit und breit zu sehen. Es ist heiß, die Luft um uns herum flimmert und eine eigenartige Lichtstimmung tut sich auf. Wir sind von einer Fata Morgana eingeschlossen. Egal in welche Richtung man blickt, es flimmert rund herum. Die Road Trains erkennen wir weit im Voraus, weil sich die Sonne in ihren riesigen Windschutzscheiben spiegelt. Durch das Flimmern verschmilzt die Straße mit dem Horizont. Die Trucks scheinen aus dem Himmel angeflogen zu kommen. Ein eigenwilliger Anblick. Die rote, ebene Einöde wird durch graue Salzpflanzen bedeckt – kein Baum weit und breit. Aber dann kommt langsam wieder Abwechslung in die Monotonie. Die Straße wird welliger, die Berge von Broken Hill, eine Bergbausiedlung mit rund 18.000 Einwohnern, lässt sich von weitem erkennen. Wir sind glücklich, aus der harschen, trockenen Landschaft wieder in der Zivilisation angekommen zu sein und mieten uns auf dem örtlichen Campground ein. Ein Pool und Duschen sind bei diesen Temperaturen ein unschlagbares Argument. Luxus Pur! Nach einer willkommenen Erfrischung erkunden wir den Ort der fliegenden Ärzte. Die Stadt liegt unmittelbar an einer riesigen Abraumhalde. Hier dreht sich alles um den Abbau von Bodenschätzen. Die Motorräder queren die Argent Street, biegen in die Sulphide Street, wo wir prachtvolle Bauten wie die Town Hall aus dem Jahre 1890 und die Trades Hall bestaunen.

Trades . Palace

Einen Blick ist auch der alte Pub „Mario`s Palace Hotel“ aus dem Jahre 1888 wert. Er weist die längste gusseiserne Veranda New South Wales auf und ist im Film „Priscilla, Königin der Wüste“ zu bewundern. Die Stadt erweist sich als Oase mitten in der Unwirtlichkeit. Es gibt unzählige Dinge zu entdecken. Galerien laden zum Bummeln ein, Minen gilt es zu erkunden und die riesige Schutthalde ist ein idealer Aussichtspunkt auf die Stadt und die Weite des Outbacks.

Broken Hill II .Broken Hill I

Die vor der Stadt gelegene Geisterstadt Silverton gehört für uns zum Pflichtprogramm. In Filmen wie „Mad Max II“, „Razorback“ oder „A Town like Alice“ bildete dieser Ort eine Kulisse. Zwischenzeitlich wird diesem Fleck wieder Leben eingehaucht. Im Pub schenkt man Getränke aus, Künstler eröffnen ihre Galerien und einige Häuser werden wieder hergerichtet. Im Pub Silverton Hotel sind allerlei Fotos und Erinnerungsstücke der Dreharbeiten zu bestaunen. Der Mad-Max-Interceptor Nachbau parkt vor der Tür. Bei dieser Kulisse lassen wir es uns nicht nehmen, unsere Motorräder direkt davor abzustellen und die Silver Mint & Art Gallery zu besichtigen.

Silverton I . Silverton II

Dann wollen wir aber tiefer ins Outback hinein. Erstaunlicherweise ist es recht kühl und auch sehr windig. Tina kämpft gegen die Böen an, sie landet immer wieder auf der falschen Straßenseite. Wir erhöhen das Tempo und finden so unsere Einspur. Die baumlose Landschaft fliegt vorbei bis die Kilometer in den Gliedern stecken und nach Pause schreien. Kaum stehen wir, braust ein Trike vorbei und wendet mit quietschenden Rädern. Er steigt ab und stellt sich als Paul vor. Er erzählt, er habe uns schon mehrfach in Broken Hill gesehen. Im Alter von zehn Jahren ist er nach Australien gekommen. Heute zieht er rastlos als Vietnam-Veteran durch das Land. Wir fahren gemeinsam ein Stück, bald trennen sich die Wege, da wir in Richtung Wilmington abbiegen. Die sandfarbene ausgedehnte Landschaft nimmt wieder Farbe und Formen an.

Harrocks II . Harroks I

Gelbe Felder werden gequert und sanfte Hügel tauchen vor uns auf. Die Fahrt wird zunehmend dynamischer, eine Kurve jagt die andere. Kurze Zeit später durchkurven wir eine leicht bergige Gegend. Selbst der Passhöhe wurde ein Name zugeteilt: Harrocks-Pass, Kurvenvergnügen von kurzer Dauer ist angesagt, um danach bei Port Augusta wieder ausgespuckt zu werden. Die Nähe des südlichen Ozeans spüren wir an der frischen klaren Luft und den Windböen. Der Blinker wird rechts gesetzt, um nun endlich den berühmt, berüchtigten Stuart Highway unter die Stollen zu nehmen. Wir brennen darauf, in das rote Herz Australiens zu kommen! Monoton surren die Reifen vor sich hin bis wir am Abend ein Nachtlager „Irgendwo im Nirgendwo“ suchen. Ein erster Versuch schlägt fehl, aber der zweite Blick findet eine Sackgasse mit einem geeigneten Platz in der roten, endlosen Weite unter einem Myaltree Baum. Mit einem leicht mulmigen Gefühl im Magen erleben wir die erste Nacht im „richtigen“ Outback, mitten in der Einsamkeit. Der Wind lebt am Abend auf und pudert alles mit einer leichten roten Sandschicht ein.

Camp SHW . SHW

Die Sonne kitzelt uns morgens wach. Umgehend wird das einsame Nachtlager geräumt. Viele Kilometer wollen noch gefahren werden. In Glendambo müssen wir stoppen. Die letzte Tankstelle für die nächsten 265 Kilometer muss den Tank füllen. Die Temperaturen steigen auch wieder stetig an, eine Pause um die Mittagszeit stellt sich leider als unumgänglich heraus. Ein kurzes Nickerchen richtet die Sinne wieder scharf für den weiten Horizont. Unerbittlich brennt die Sonne mit ihrer ganzen Kraft auf die rote Erde der unendlichen Leere. Sie steht hoch am Himmel. Einen Schatten kann man kaum noch ausmachen. Ist die Sonne überhaupt noch da? Der Horizont verschwimmt ganz weit in der Ferne im Graublau. Ich schaue kontrollierend unter mich, ob Biker und Maschine einen Schatten auf den dahingleitenden Asphalt werfen. Ja er ist da! Ich kann ihn in der leere des Outbacks nur nicht mehr deutlich wahrnehmen. Die Hitze benebelt die Sinne. Die letzten hundert Kilometer werden heruntergezählt, bis die ersten Erdhaufen der Opalschürfer den Straßenrand säumen. Schilder warnen vor den ungesicherten Schächten.

Coober Pedy I . Coober Pedy II

Die Zahl dieser soll sich auf etwa einer Million beziffern! Aber gezählt wird sie wohl keiner haben. Bei 44Grad Celsius erreichen wir durchgeschwitzt den Ort des Opalfiebers. In der Sprache der Aborigines heißt er „kupa piti“ „Loch des weißen Mannes in der Erde“.

Coober Pedy III . Coober Pedy IIII

Sie haben nicht ganz Unrecht. Viele „Häuser“ weisen am Hang nur Fenster und Türen auf. Der Rest wurde unterirdisch errichtet und oben darauf befinden sich Antennen und Rohre. Bei diesen Temperaturen wollen wir solch ein Dugout gern nutzen und klopfen an. Leider ist alles ausgebucht. Also schlagen wir das Zelt im Oasis Tourist Park auf. Dieser wurde gut abgeschattet, welchen wir auch gerne nutzen. Umgehend entern wir den Swimming Pool. Endlich eine Abkühlung! Nach wenigen Minuten fangen wir an zu frieren. Ich schaue auf das sich im Wasser befindliche Thermometer. Dreißig Grad Celsius Wassertemperatur und uns ist kalt? Das kann einfach nicht wahr sein! Den Rest des Tages verbringen wir relaxend im Schatten. Ausgeruhen muss ja auch mal sein.
Der frühe Morgen bringt noch etwas Kühle mit. Wir schwingen wir uns auf die Motorräder und fahren in die kahle, trockene Wüste, schauen uns von der Straße aus die abenteuerlichsten Spezialfahrzeuge an. Diese wurden eigens für den Opalabbau gebaut. Der Blower war das meist eingesetzte Gerät. Es saugt Erdaushub bis zu dreißig Metern Tiefe nach oben. Zwischenzeitlich wird dieses nützliche Gerät wiederentdeckt und weiterentwickelt. Überall sieht man zudem Werkzeuge, Autos, Busse und Lastkraftwagen in der Landschaft stehen. Inwieweit das alles noch genutzt wird, kann sehr schwer nachvollziehen – ein überdimensionaler Schrottplatz in der Unendlichkeit.

Coober Pedy V . Coober Pedy VI

Die Hitze treibt uns wieder zurück in die Stadt. Dann klopfen wir an die Tür der Josephine`s Gallery, schauen uns die Gallerie an und bestaunen die Kunstwerke der Aborigines. Es gibt jedoch noch mehr zu erkunden. Eine kleine Aufzuchtstation befindet sich auf dem Hof. Hier werden verwaiste Känguru–Babys aufgezogen und auch möglichst wieder ausgewildert. Andere werden an Zoos abgegeben, einige dürfen hier die sorglose Betreuung genießen. Wir schauen der Mittagsfütterung zu. Ein kleines Beuteltier namens Joey bekommt die Flasche. Es zählt bereits sieben Monate.

Coober Pedy VII . Coober Pedy VIII

Seine Mutter wurde auf den Highway überfahren. Daher wurde es hier abgegeben und nun liebevoll umsorgt. Den künstlichen Beutel scheint es gerne angenommen zu haben. Tina darf die Großen füttern. Das Kleine hüpft munter um uns herum. Nach dieser Anstrengung muss es zu Bett in den Beutel gehen und wird in einen separaten Raum gehangen. Ein paar Straßen weiter befindet sich die Catacomb Anglican Church. Die in den Berg gehauene Kirche lädt mit angenehmen Temperaturen zum Verweilen ein. Kein Laut ist im Inneren zu hören. Nur Stille. So lassen wir eine gefühlte Ewigkeit bei angenehmem Klima verstreichen ehe wir wieder aufbrechen.

CP Kirche . CP Winch

Die Big Winch steht majestätisch auf einem Hügel und ist von überall sichtbar. Das Original wurde am 30. November 1986 durch einen Zyklon zerstört und danach wieder aufgebaut. Heute ist sie das Symbol der Opalminenarbeiter. Immer in der Hoffnung nach dem großen Fund. Zwischenzeitlich schickt die Sonne unerträgliche Hitze auf den Planeten. Deshalb verbringen wir den restlichen Tag am Pool im kühlen Schatten.
Das Thermometer zeigt zwischenzeitlich 48 Grad Celsius an. Der Schweiß läuft in Strömen. Der Abend bringt kaum noch Abkühlung. So wie Gott uns schuf, liegen wir auf den Isomatten. Jede Gazeöffnung vom Zelt ist weit geöffnet. Der Schweiß fließt selbst im Liegen noch in Strömen. Wir fühlen uns wie ein Fleischklops im eigenen Saft. Nachts kommt ein Sandsturm auf. Endlich Abkühlung. Doch er bringt auch reichlich Sand mit sich, welcher nun durch das feine Gazenetz hereinweht. Wir haben die Wahl: frische kühle Luft mit Sand oder das Zelt schließen. Die Entscheidung ist einstimmig: Frischluft! Irgendwann in der Nacht legt sich der windige Sand wieder. Nun sind die Fleischklopse auch noch paniert! Am Morgen beraten wir über die weitere Route und beschließen umzudrehen. Gesundheit und Sicherheit gehen vor. Stumm wird die Ausrüstung zusammengepackt, jeder hängt seinen Gedanken nach. Schweigend wird der Rückzug aus dem Outback angetreten. Die Hitze hat uns besiegt.

Camp

Fortsetzung: Australien II

8 thoughts on “Australien I

  1. Klasse Seite habt Ihr hier und Australien ist natürlich auch ein tolles Land zum Motorradreisen. Du hast vollkommen recht, ich denke daß selbst ein Jahr nicht ausreicht. Wir waren dort bisher 4 Monate unterwegs und haben nur einen ganz kleinen Bruchteil des Kontinents gesehen aber viele, viele tolle Menschen getroffen.

    • Robert, uns ging es genau so wie Euch. Die Zeit war viel zu kurz und ich würde das Land jederzeit wieder bereisen!

  2. Eine wunderbare Reise und absolut begeisternd wiedergegeben. Es macht Laune, Eure Abenteuer nachzuerleben und weckt die Reiselust.
    Wie lange seid ihr unterwegs gewesen?

    Grüße aus Aachen, Linus

    • Hallo Linus, wir waren 2 Monate unterwegs und es ist für das riesige Land eigentlich zu wenig. Jedoch: Lieber zwei Monate als nichts!
      Grüße nach Aachen!

  3. Ein toller und fluffiger Reisebericht. Alles so kurz und würzig und doch voll Emotion. Ich habe jedes Wort verschlungen und beneide euch.

    Mac

    • Danke Mac. Schön wenn ich Dich mit auf die Reise nehmen konnte! Übrigens: Mit einer XT660R hatte ich meine erste „Offroadtour“ auf Island gemacht und bis heute möchte ich nichts anderes als eine Enduro unter dem Hintern spüren!

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